Pigment-Verbot: Alle Tattoos Bald Nur Noch Schwarz-weiß

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Betroffen von einem möglichen Verbot wären in Hamburg über 100 Tattoostudios. In Deutschland hat der Körperkult im Jahre 1946 mit einem Studio in der Hansestadt seinen Anfang genommen, wie Lickefett erzählt. Die durch das Verbot veränderte Farbpalette ließe sich möglicherweise nicht mehr so gut verarbeiten, mutmaßt der Betreiber der ältesten Tätowierstube Deutschlands, Sebastian Makowski. Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu. Mögliche Ersatzstoffe könnten in Anbetracht von Farbbrillanz oder Haltbarkeit keine wirklichen Alternativen darstellen. Ein Verbot der Pigmente "Blau 15" und "Grün 7" habe auch drastische Folgen für den Verbraucherschutz, warnt der Bundesverband mandala tattoo. Nach einer eigenen Untersuchung der Inhaltsstoffe aller handelsüblichen Tattoo-Farben enthielten fast zwei Drittel aller Farben die beiden Pigmente. Ein Verbot wäre eine Katastrophe für alle Farbtätowierer und deren Kunden, sagte Tschiggy Lindner, Inhaberin von "Bubblegum Tattoo" auf dpa-Anfrage. Unter dem Druck der Nachfrage könnten Hersteller und Tätowierer verzweifelte Wege gehen, befürchtet Lickefett. Demnach könnten Anbieter beispielsweise ihre Produkte als Künstlerfarben umdeklarieren, um sich dadurch dem Verbot zu entziehen. Im Oktober eröffnet Edding im Chilehaus ein eigenes Tattoostudio mit Farben aus eigener Produktion. Nach Herstellerangaben enthalten die Farben keine Konservierungsstoffe und auch die Pigmente "Blau 15" und "Grün 7" sucht man vergebens: "Eddings Tattoo-Farben verwenden diese Pigmente und weitere Stoffe nicht, sind daher zukünftig EU-konform", hieß es von der Pressestelle. In Hamburg gibt es aber nicht nur das erste Tattoostudio Deutschlands - sondern womöglich auch bald das erste Studio, das von einem Schreibwarenhersteller geführt wird. Das Projekt befinde sich aber noch ganz am Anfang. Als unmittelbare Lösung der Probleme, die sich durch ein mögliches Verbot der Pigmente ergeben würden, seien die eigenen Farben ohnehin nicht gedacht, sagt er. Das liegt auch daran, dass der Laden im Herzen Hamburgs laut Knebelkamp zunächst das einzige Tattoostudio sein soll, das die Edding-Farben benutzt.

Wie lange er mit Tinte und Nadel hantiert, weiß Helmut Zeiner selbst nicht mehr so genau. „Es sind sicher schon über 20 Jahre. Mit dem Tätowieren sei es so gewesen, wie mit vielen seiner Hobbies: „Wenn ich irgendwo reinkippe, ist das ein großes Problem: Ich kann nicht mehr aufhören." So war es auch, als er mit 14 Jahren Breakdance entdeckte. Aber nur, weil man mit dem Tätowieren anfängt, heißt das ja noch nicht, dass man gut stechen kann. Er hörte nicht auf zu trainieren und wurde so gut, dass er 1984 der erste Breakdance-Meister wurde. Einen Schulabschluss machte Zeiner, heute Vater von drei erwachsenen Söhnen, nie. „Ich habe in der Stadthalle vor 10.000 Leuten getanzt und vor 40.000 auf dem Stephansplatz." Dann kam die Eishockeyzeit, wo er sich in das Junioren-Nationalteam hochspielte und an einer Weltmeisterschaft teilnahm. Besonders gern sticht Zeiner Engel, Mutter-Gottes- oder Jesus-Bildnisse und er mag es barock. Das Tätowieren lernte er nebenbei in seinem alten Job, als er für die ÖBB Gleise zusammenschweißte. Momentan aber ist er in seiner Berufsausübung eingeschränkt. Seit Anfang Jänner sind in der EU fast alle Tätowierfarben wegen Gesundheitsbedenken verboten. Erlaubt sind nur schwarze, weiße und graue Farben. „Ja, momentan ist’s schwer. Zeiner nimmt es, nach anfänglicher Verärgerung gelassen. Die Branche habe sich ohnehin in den zwanzig Jahren stetig verändert, so Zeiner. Aber es wird sicher bald andere Farben geben. „Früher haben sich viele in unsere Studios gar nicht reingetraut, weil die so düster waren und überall Totenköpfe rumhingen. Heute schauen Studios wegen der Hygienevorschriften aus wie eine Praxis. Damals habe ich mir meine Nadeln noch selbst gelötet und Farben selbst gemischt.

Seit 1946 wird in der „Ältesten Tätowierstube in Deutschland" auf dem Hamburger Berg tätowiert. Ähnlich ratlos wie sie seien auch ihre Kundinnen und Kunden, würden inzwischen immer häufiger bei ihr nachfragen. Antworten habe jedoch keiner so wirklich. Seit 2011 ist auch Tätowiererin Catharina Pomorin Teil des Teams. Hier fehle ihr jedoch das Augenmaß. „Man fühlt sich einfach so machtlos. „Das ist so demotivierend", sagt die 32-Jährige. „Seit Ende Mai dürfen wir wegen Corona überhaupt erst wieder arbeiten und jetzt auch noch das." Kontrollen und Transparenz finde sie grundsätzlich wichtig und richtig - alles, was die Sicherheit ihrer Kundschaft erhöhe, befürworte die Hamburgerin. Wie viele andere hofft auch Pomorin jetzt darauf, dass die gängigen Farbenhersteller doch noch rechtzeitig reagieren und REACH-konforme Alternativen auf den Markt bringen. Ab Januar werde aber auch sie vorerst nur „black & grey" tätowieren und hofft, dass sie so nur ein paar Monate überbrücken muss. Bei neu entwickelten Farben wäre sie anfangs zudem auch skeptisch, gibt die Hamburgerin zu.

Wie ihre Kollegin Andrea Brodowski geht sie davon aus: „Die Illegalität wird ansteigen." In irgendwelchen Kellern werde es auch weiterhin bunte Tattoos geben. Dabei wisse jeder Tätowierer, dass das Verbot kommt. „Die, die es ordentlich machen, sind die Gelackmeierten", so Seegert. So richtig nachvollziehen können sie das Verbot nicht. Schon beim Farbenkauf werde darauf hingewiesen. „Jeder kann selbst entscheiden, ob er sich tätowieren lässt", sagt Brodowski. Niemand werde gezwungen. Rauchen und Alkohol trinken sei auf der anderen Seite ja auch erlaubt. Jeder Kunde würde auf mögliche Risiken hingewiesen. Seegert: „Wir machen klar, dass Tätowierungen ein Eingriff in das größte Organ des Menschen sind: die Haut." Ebenso werde klar gemacht, dass sich die Farben über die Jahre veränderten. Bevor es mit dem Stechen losgehe, müssten Kunden zudem einen Anamnesebogen ausfüllen. „Wer Blutverdünner nimmt, kommt gar nicht erst dran." Und überhaupt: Hygiene - dazu gehört natürlich die Desinfektion vor dem dem Start - würde nicht erst seit Corona groß geschrieben.